„Fremd und Willkommen“ lautete das Thema des diesjährigen Unitarischen Sonntags. Die Hamburger Landesgemeinde lud zu diesem Anlass zu einer Podiumsdiskussion in die Diedenhofer Straße. Gemeindemitglieder hatten Kontakte zu engagierten Menschen mit Migrationshintergrund geknüpft und so durfte Moderatorin Kira Holtzendorff drei Frauen begrüßen, die über ihren Weg aus der Heimat und ihren Neubeginn in Deutschland erzählten. Aus dem Kreis der Gemeindemitglieder berichtete Gudrun Schmidt-Kerner über ihr ehrenamtliches Engagement bei der Betreuung von Geflüchteten.
Bei der Teilnehmerin aus Ghana, die vor 35 Jahren ihrem Mann nach Deutschland folgte, war das Ankommen ein schwieriger und langer Weg. Er umfasste nach der Trennung von ihrem Mann und nach Ablehnung des Asylantrags auch lange Jahre ohne Papiere und ohne offiziellen Wohnsitz. Ohne Papiere machte sie in dieser Zeit eine Ausbildung als Schneiderin und verdiente sich tagsüber ihren Lebensunterhalt als Reinigungskraft. Nach einem Autounfall flog ihre Illegalität auf, so dass sie nach ihrer Genesung abgeschoben werden sollte.
Mit Hilfe von Rechtsanwälten, Ärzten und der Kirche erhielt sie nach langen Jahren als Härtefall ihre Anerkennung und darf nun in Deutschland bleiben. Sie nimmt nach wie vor an Deutschkursen teil und ist davon überzeugt, dass Bildung und Sprache für die Integration sehr wichtig sind. Heute unterstützt sie ihre Landsleute aus Ghana nach der Ankunft in Deutschland, indem sie sie z.B. bei Behördengängen begleitet. Sie hat inzwischen vier Adoptivkinder über Europa verstreut und auch Enkelkinder. Sie fühlt sehr schmerzhaft ihr Fremdsein und fragte sich auch heute noch: Wo gehöre ich hin?
Die Teilnehmerin aus dem Iran flüchtete nach dem Sturz des Schahs und wurde als politischer Flüchtling in Deutschland anerkannt. Sie sagt, was im Iran vorherrscht sei nicht der echte Islam. Im echten Islam seien die Frauen gleichberechtigt. Wegen der Nichtanerkennung ihrer iranischen Studienabschlüsse absolvierte sie vor ihrem Studium der Sozialpädagogik in Deutschland zunächst 9 Monate lang ein Studienkolleg. Sie arbeitet heute hauptamtlich in einem Jugendclub und kümmert sich aufopfernd Tag und Nacht um ihre Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Sie versucht, ihnen zu vermitteln, ihrem Leben einen Sinn zu geben und auch mal eigene Fehler einzugestehen. „Wenn wir uns freundlich und respektvoll begegnen, neugierig auf andere Menschen sind und versuchen unsere Vorurteile abzulegen, wird die Integration gelingen“ sagt sie und versucht, andere Menschen zu verstehen und erwartet dies zunächst nicht auch von Ihrem Gegenüber. Auf die Frage: „Bist du eine Muslimin?“ antwortet sie: „Ich versuche, ein Mensch zu sein."
Die Teilnehmerin aus Benin kam im Jahr 2000 nach Deutschland. In Benin mit der Landessprache Französisch hatte sie bereits in der Schule Deutschunterricht gehabt. Sie studierte in Deutschland Betriebswirtschaftslehre und Sozialpädagogik und bedauerte sehr, dass ausländische Hochschulreifen und Studienabschlüsse hier nicht anerkannt werden. Sie hat seit 2009 die deutsche Staatsbürgerschaft und gründete einen ehrenamtlichen Verein, um die Möglichkeit zu schaffen, Erfahrungen zu transportieren und somit wichtige Integrationsarbeit zu leisten. Sie arbeitet heute hauptamtlich bei „Plan International“. Plan setzt sich für eine Welt ein, in der sich alle Kinder frei entfalten und entwickeln können. Sie erzählte von ihrem Heimatland und warum sie nicht zurückgehen könne. Alle ihre Freunde und Verwandten sind nicht mehr dort. Es gibt keine Arbeit mehr. Globale wirtschaftliche Entwicklungen mit Waren u.a. aus Europa haben den einheimischen Markt zerstört. Genauso wie die einheimische Fischerei zerstört wurde durch die Erlaubnis für europäische Schiffe, vor der Küste zu fischen. Ihre Metapher: „Integration ist ein Baum mit vielen Ästen“, man muss sich engagieren und Kontakte knüpfen.
Integration reduziert sich nicht auf Assimilation, sondern beinhaltet auch bleibende unterschiedliche Identitäten und Kulturen. In diesem Sinne ist die Integration der drei Referentinnen seit langem gelungen. „Wir durften unmittelbar erfahren, welch große Kraft, Mut und Toleranz gegenüber dem Fremden (von beiden Seiten!) es braucht“, so Gastgeberin und Moderatorin Kira Holtzendorff. “Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Referentinnen für ihre Bereitschaft und Offenheit, ihre Geschichte zu erzählen.“